Die Brennweite und der Crop–Faktor

Der Cropfaktor ist ein Parameter, mit dem man zwangsläufig in Berührung kommt, wenn man sich mit digitalen Spiegelreflexkameras befasst. Alle D–SLRs, die einen Sensor verwenden, der kleiner als ein analoges 35mm–Negativ ist, also nicht über einen Vollformatsensor verfügen, werden mit einem sogenannten Cropfaktor angegeben. Canon–Kameras mit APS–C Sensoren haben z.B. einen Cropfaktor von 1,6. Bei Nikon trifft man oft auf einen Faktor von 1,5.

Bildkreis eines Objektivs mit Größenmarkierung von Vollformat- und APS-C Sensoren

Befassen wir uns nun mit der Frage, was es mit dem Cropfaktor auf sich hat. Hierzu müssen wir zunächst die Optik vor dem Sensor, also das Objektiv betrachten. Ein Objektiv projeziert konstruktionsbedingt immer ein rundes Bild, welches größer ist, als das aufzeichnende Medium, also als der Film oder der Sensor. Oder anders ausgedrückt: der Durchmesser des sogenannten Bildkreises muss mindestens so groß sein, dass der Bildsensor davon voll abgedeckt wird. D.h. der Bildkreisdurchmesser ist mindestens so groß wie Diagonale des Sensors. Das Objektiv erzeugt also ein rundes Bild, aus welchem letztendlich ein rechteckiger Ausschnitt aufgezeichnet wird. Universalobjektive für Spiegelreflexkameras sind üblicherweise für Vollformatsensoren konstruiert, ihr Bildkreis kann also problemlos die Fläche eines Kleinbild–Negativs bedecken. Dies ist auf dem ersten Bild grob dargestellt. Zu sehen ist der Bildkreis eines Objektivs, d.h. das Bild, welches vom Objektiv erfasst wird. Die weißen Rahmen symbolisieren die Bildsensoren. Der große Kasten zeigt an, welcher Teil des Bildkreises von einem Vollformatsensor erfasst wird. Der kleinere Kasten ist der Erfassungsbereich eines APS–C Sensors. Die daraus resultierenden Bilder sieht man weiter unten – zunächst das Bild, welches ein Vollformat–Sensor erzeugen würde, dann die Version die man mit einem APS–C Sensor aufnähme.

Bildkreis eines Objektivs mit Größenmarkierung von Vollformat- und APS-C Sensoren

Auf den Bildern ist gut zu sehen, dass der Bildausschnitt eines Fotos, welches mit einem APS–C Sensor angefertigt wurde, ein anderer ist, als bei Verwendung eines Vollformat–Sensors. Das Bild des Vollformatsensors wirkt weitwinkliger als das, des APS–C Sensors. Bei unveränderter Brennweite erfasst der APS–C Sensor eine kleinere Fläche des Bildkreises. Es macht den Eindruck als sei der Bildöffnungswinkel kleiner. Auf der Hauptseite zum Thema Brennweite haben wir gesehen, dass sich der Bildöffnungswinkel mit steigender Brennweite verkleinert. Wenn nun beim Bildausschnitt, den ein APS–C Sensor vom Bildkreis erfasst, der Eindruck entsteht, der Bildöffnungswinkel sei kleiner, als beim Bildausschnitt eines Vollformatsensors, dann kann man daraus schließen, dass der Eindruck einer Brennweitenverlängerung entsteht. Genau das wird mit dem Crop–Faktor beschrieben – um welchen Faktor scheint sich meine Brennweite zu ändern? Für einen Crop–Faktor von 1,6 bedeutet das, dass ein mit einer Brennweite von 100mm aufgenommenes Foto aussieht, als sei es eigentlich mit einer Brennweite von 100 * 1,6 = 160mm aufgenommen worden.

Bildkreis eines Objektivs mit Größenmarkierung von Vollformat- und APS-C Sensoren

Wieso drücke ich mich so umnständlich aus? »... zu sein scheint«? Man muss im Hinterkopf behalten, dass die Optik vor dem Sensor und die daran eingestellte Brennweite in beiden Fällen dieselbe ist. D.h. es gelten für beide Fotos (mit Vollformat und APS–C) dieselben opto–physikalischen Gesetze. Denken wir z.B. daran, dass sich die Schärfentiefe auch abhängig von der Brennweite zu ändern scheint, auch wenn das faktisch nicht der Fall ist. Bei ein und derselben Optik, sowie derselben Brennweite, haben wir es auf beiden Fotos also auch mit derselben Schärfentiefe zu tun. Das Einzige, das sich ändert, ist der Bildausschnitt, bzw. der Eindruck des Bildöffnungswinkels. Ein 100mm–Objektiv an einer APS–C Kamera wirft auf den Sensor denselben Bildkreis mit denselben Parametern, wie an einer Vollformatkamera. Der APS–C Sensor erfasst lediglich einen etwas kleineren Bereich dieses Bildkreises. Also noch einmal zusammenfassend: Bei gleicher Blende und gleichem Objektabstand, ist die Schärfentiefe eines 100mm–Objektivs an einer Vollformat–Kamera und an einer APS–C–Kamera gleich. Bei der APS–C–Kamera hat man jedoch einen Bildausschnitt, der dem eines 160mm–Objektivs an einer Vollformatkamera entspricht.

Wann ist der Cropfaktor wichtig?

Die Frage, ob man sich besser eine Kamera mit APS–C Sensor, oder eine Vollformatkamera zulegt, hängt von mehreren Faktoren ab. Zum einen sind Vollformatkameras meist teurer. Zum anderen sollte man sich fragen, in welchen Brennweitenbereichen man sich bevorzugt bewegen möchte. Man muss bedenken, dass die Bildwirkung eines 17–55mm Objektivs an einer APS–C Kamera mit einem Cropfacktor 1,6 einem Bereich von ca. 27 bis 88mm entspricht. Legt man also primär Wert auf einen ausgedehnten Weitwinkelbereich, dann ist man mit einem Vollformatsensor evtl. besser bedient. Ein 10mm–Objektiv bildet auch wirklich mit 10mm ab. An einem APS–C Sensor erzeugt dasselbe Objektiv den Eindruck einer 16mm–Aufnahme. Hingegen profitiert APS–C im Telebereich von der scheinbaren Bennweitenverlängerung. Mit einem 400mm Objektiv kann ich Aufnahmen anfertigen, die vom Bildöffnungswinel her wie 640mm–Aufnahmen wirken.

Nicht vollformat–taugliche Objektive

Es gibt für APS–C–Kameras allerdings auch Objektive, deren Bildkreis speziell für die kleineren APS–C–Sensoren optimiert wurde. D.h. diese Objektive sind nicht mehr in der Lage, große Vollformatsensoren komplett abzudecken. Würde man solch ein Objektiv an einer Vollformat–Kamera verwenden, so erhielte man in den Ecken der Bilder Abschattungen, die über eine einfache Vignettierung weit hinaus gehen. Diese Objektive sind für Vollformatsensoren ungeeignet. Bei Canon heißt das an Vollformat und APS–C nutzbare Bajonett »EF«, das NUR an APS–C nutzbare Bajonett nennt sich »EF–S«. Bei Nikon nennen sich diese Bajonette »FX« (Vollformat) und »DX« (APS). Im Gegensatz zu Canon lassen sich bei Nikon auch DX–Objektive an Vollformatkameras anschließen. Dies führt zwar zu einer starken Vignettierung (Abschattung) im Randbereich der Bilder, aber es ist möglich. Canon hat dies unterbunden. EF–S–Objektive lassen sich an Vollformatkameras nicht anschließen. Hinsichtlich der Brennweite verhalten sich aber beide Objektivtypen gleich. D.h. auch ein Objektiv, das nur für APS–C geeignet ist, hat in der 20mm–Stellung wirklich echte 20mm Brennweite, bildet auf einem APS–C Sensor jedoch einn Öffnungswinkel ab, der an Vollformat ca. 32mm entspräche. Wieso treibt man also den Aufwand, spezielle Objektive herzustellen, die nur an APS–C nutzbar sind, wenn man mit vollformattauglichen Objektiven doch beide Kameratypen bedienen könnte? Zunächst ist dies natürlich eine Kostenfrage. Nur APS–geeignete Objektive können kompakter und günstiger konstruiert werden. Ein anderer Faktor sollte auch noch angeführt werden, auch wenn dieser fast zu vernachlässigen ist. Oben hatte ich bereits angeführt, dass vollformattaugliche Objektive einen größeren Bildkreis erzeugen und damit große Vollformatsensoren abdecken können. Der Bildkreis für nicht vollformat–taugliche Objektive ist speziell auf den verwendeten Sensor abgestimmt, also kleiner. Der Bildkreis eines Vollformat–Objektives ist also erheblich größer als dies bei APS–C nötig wäre, d.h. ein Teil des vom Objektiv gebündelten Lichts fällt nicht mehr auf den Sensor, sondern geht daran vorbei. Das Licht, das nicht mehr auf den Sensor trifft, kann im Inneren der Kamera reflektiert werden und aufgenommene Bilder verfälschen oder wiederum zurück ins Objektiv fallen und seltsame Lichteffekte an den Linsen erzeugen. Solche Effekte treten normalerweise nicht allzu stark hervor. Ich jedenfalls nutze an der APS–C–Kamera EOS–7D sowohl Vollformat– als auch APS–C–Objektive ohne nennenswerte Probleme.